Philosophieren mit Kindern

Philosophieren mit Kindern? Geht das überhaupt und wofür soll das gut sein? Kinder sind tatsächlich kleine Philosophen und man kann sich über diesen Weg tiefgründig mit ihnen austauschen. Philosophieren mit Kindern ist wie eine abenteuerliche Reise, eine Reise, die uns in ihre Welt eintauchen lässt. Beim Philosophieren können Kinder und Erwachsene sehr viel über ihre Gedanken- und Gefühlswelt erfahren und Fragen auf den Grund gehen, die nicht so einfach zu beantworten sind.

Was ist Zeit? Was ist Liebe? Was bedeutet Freundschaft oder was macht einen guten Freund aus? Darf man stehlen, wenn man am verhungern ist? Was ist für dich ein toller Tag und was macht dich glücklich?  All das können Fragen sein, über die mit Kindern philosophiert werden kann. Doch was bedeutet philosophieren überhaupt?

Genau genommen, ist die Frage nach der Definition von Philosophieren so frei und unbestimmt wie das Philosophieren an sich. Es geht vor allem darum, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen und sich dabei durch den gemeinsamen Austausch von Ansichten, Erfahrungen und Denkweisen die Welt durch logische Schlüsse zu erschließen.

Philosophieren mit Kindern bedeutet, deren Anliegen und Probleme, Ideen und Einfälle sowie ihre individuellen Bedürfnisse ernst zu nehmen und stellt so einen hervorragenden Zugang zu den Lebenswelten der Kinder da. Kinder haben so viele Fragen, es liegt in ihrer Natur, dass sie alles entdecken und wissen wollen. Ausgehend von dieser Eigenschaft, der Neugier, kann Philosophieren also überall stattfinden, wo Kinder am „Warum“ interessiert sind. (vgl. Siegmund, M. 2012 S. 96-98)

Die Bedeutung des Philosophierens für Kinder

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Philosophieren durch die Freiheit im Denken und durch das Fehlen an Vorgaben und Grenzen einen erheblichen Beitrag zur gesamten psychischen und kognitiven Weiterentwicklung der Kinder beiträgt: 

  • Förderung von eigenständigem, kreativem sowie kritischem Denken
  • Schaffung eines Bewusstseins über die eigenen Gedanken sowie die der Mitmenschen
  • Herausbildung eigener Werte und Normen als Grundlage für selbständiges Handeln 
  • Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit 
  • Verständnis von natürlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen
  • Gewinnen von fächerübergreifenden Erkenntnissen, die auch dazu beitragen, Vorurteile aufzuklären
  • Förderung von Achtsamkeit, Offenheit, Toleranz, Empathie und Zuhören 
  • Fähigkeit erlernen, andere Perspektiven einzunehmen 
  • Entwicklung von Teamgeist bei der gemeinsamen Suche nach Antworten
  •  Steigerung der Fähigkeit, Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen
  • Entwicklung rhetorischer Fähigkeiten sowie einer kreativen und sich gegenseitig achtenden Gesprächskultur
  •  respektvoller Umgang der Kinder untereinander

Rahmbedingungen

Generell kann überall philosophiert werden. Es gibt jedoch einige Rahmbedingungen, die das Philosophieren erleichtern können:

  • Eine wohlfühlende Atmosphäre schaffen Kinder können leichter aus sich herauskommen, wenn sie sich wohl und sicher fühlen. Damit wird deutlich, dass die Stimmung und die Atmosphäre während des philosophischen Geschehens nicht nur für das Aufblühen kindlicher Gedanken und Äußerungen wichtig ist, sondern auch dazu beiträgt, wie sehr sich Kinder integrieren und das philosophische Gespräch aufrechterhalten und beleben
  • Ablenkung vermeiden Egal ob in einem Raum im Gebäude des Kindergartens, auf dem Rasen vor der Kita, im Wald, im Tierpark, zuhause…solange sie sich nicht ablenken lassen, kann man überall mit Kindern philosophieren. 
  • Optimale Gruppengröße sowie das Alter berücksichtigen Beide Faktoren hängen vom Entwicklungstand (vor allem von der Fähigkeit, sich artikulieren zu können) und der Konzentration der Kinder ab. In der Praxis erwies sich eine Gruppengröße um die zehn Kinder als optimal. Vor allem eine gemischte Altersgruppe mit Kindern ab vier Jahren erwies sich dabei als Bestens geeignet.
  • Zeitlichen Rahmen anpassen Der zeitliche Rahmen sollte in jedem Fall offen gestaltet werden. Man weiß nie, wie viele Ideen und Fragen den Kindern einfallen. Zudem hängen Faktoren wie das Interesse, der Gesprächsbedarf und die Konzentration stark von der Tagesform ab und beeinflussen somit den zeitlichen Umfang philosophischer Gespräche

Rituale für den Einstieg und das Ende

Rituale verleihen eine gewisse Sicherheit. Sie erleichtern den Einstig, regeln den Ablauf sowie das Ende des philosophischen Rahmens und geben allen Beteiligten das Gefühl, Teil von etwas Besonderem und Einzigartigem zu sein. 

Rituale können sein:

  •  Zusammenfinden in einem Stuhl- oder Sitzkreis 
  • Aufsetzen einer Kopfbedeckung, z.B. einer Krone für denjenigen, der gerade das Wort innehat 
  • Entspannung oder Atemübungen
  • Singen von Liedern oder Geschichten über Phantasiereisen
  • Für das Ende eignet sich zum Beispiel ein akustisches Signal oder auch eine gemeinsame Verabschiedung

Rolle der Gesprächsleitung

Wenn ihr mit Kindern philosophieren wollt, ist es gut, wenn ihr euch bereits vorab mit dem Thema beschäftigt habt. Dazu gehört zum Einen, dass ihr euch über die Rahmbedingungen Gedanken macht und euch bereits Fragen ausdenkt, um so geeignete Impulse geben zu können, die die Kinder zum Weiterdenken anregen. 

Beim Philosophieren selbst sollte auf Folgendes geachtet werden:

                        Positives Negatives
eine moderierende Gesprächsleitung einnehmen„einmischende“ Rolle einnehmen 
Kinder bei der Findung des Themas einschließenBeteiligung an inhaltlichen Themen – Kinder sollen hauptsächlich ihre Gedanken äußern und zu Wort kommen
Hinweise auf gewisse Regeln geben, wie aufmerksam zuhören, nicht dazwischen redenWertungen oder Belehrungen  
Geschichte vorlesen oder Eröffnungsfrage stellenFragen oder Impulse, die die Kinder in eine bestimmte Richtung lenken
offene Fragen stellen, Bezüge herstellen, Gesagtes zusammenfassen  
Wertschätzende Haltung, Vorbildfunktion 

Sehr gut geeignet sind Frageimpulse, die die Gedankengänge der Kinder unterstützen, wie zum Beispiel:

  • Fragen nach Begründungen: „Warum könnte das so sein?
  • Fragen nach Beispielen: „Gibt es da Ausnahmen?
  • Fragen um Verbindungen herzustellen: „Was hat das miteinander zu tun?“ 
  • Fragen um Gegenpositionen herauszufinden: „Sind hier alle der gleichen Ansicht?“

Bei Einigkeit der Aussagen und Meinungen der Kinder kann man aus der Sicht anderer Perspektiven fragen oder durch sehr überspitzte Äußerungen provozieren.

Methoden

An dieser Stelle möchten wir gerne auf die Homepage von Michael Siegmund verweisen, der zahlreiche Bücher zum Thema Philosophieren mit Kindern verfasst hat. Auf seiner Homepage finden sich neben seinen eigenen Büchern, die Fragen, Geschichten und Bilder zum Philosophieren beinhalten, auch zahlreiche Videos, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Darunter findet sich ein Video, in dem er seine 5 Top-Methoden beschreibt. 

  • Video der 5 Top-Methoden: 

Themen

Es kann über Alles philosophiert werden, was die Kinder gerade beschäftigt.

Eine Übersicht über mögliche Themen und Fragen haben wir nachfolgend zusammengestellt.

ThemaMögliche Fragen/ Impulse
IchWas gehört zu deinem Ich?  Wie sieht dein Ich aus?  Bist du nur das, was du im Spiegel siehst? Was macht dich einzigartig? Was magst du an deinem Ich besonders? Wo sitzt dein Ich? Warum denkst du, dass es dort sitzt?Gibt es ein Ich immer nur einmal auf der Welt? Gibt es verschiedene Ichs? Was denkst du, wie viele Ichs befinden sich hier im Raum und warum? Wie unterscheiden sich diese Ichs voneinander/ was haben sie gemeinsam? Kann man zu einem anderem Ich werden? Verändert sich ein Ich? Was bleibt gleich? Was verändert sich?
     FreundschaftWas ist für dich ein Freund? Woran erkennst du eine*n Freund*in? Wie fühlt sich Freundschaft an für dich? Wie fühlt sich das an, wenn jemand sagt du bist sein*e Freund*in/ ihr*e Freund*in?Gibt es richtige und falsche Freunde?Was ist für dich ein*e richtige*r und was ein*e falsche*r Freund*in? Kann man mehrere Freunde*innen haben und warum? Kann Freundschaft vergehen und warum? Können immer nur Kinder miteinander befreundet sein? Können Kinder auch mit Erwachsenen befreundet sein? Warum?Ist es gut, Freunde*innen zu haben? Warum?
Mut und Angst      Was ist Mut? Wann warst du einmal mutig? Kann man Mut sehen? Wie? Gibt es unterschiedlichen Mut? Muss ein Mensch mutig sein? Warum? Was ist ein Mensch, wenn er nicht mutig ist? Wann ist man mutig und wann ängstlich? Ist man nur mutig/ängstlich, wenn andere es mitbekommen? Warum? Wie fühlt sich Mut/ Angst an?Ist mutig/ängstlich sein gut oder schlecht? Warum? Wann kann es gut/ nützlich sein mutig/ ängstlich zu sein? Wer ist für dich mutig? Ist ein mutiger Mensch immer mutig in seinem Leben? Kann man mutig sein erlernen?Muss man stark sein, um mutig zu sein? Ist Mut für jeden gleich? Warum?
Glück Was ist Glück? Wann bist du glücklich? Was macht dich glücklich/ unglücklich und warum? Was gehört zu einem glücklichen Leben? Was macht Menschen glücklich? Was macht sie unglücklich? Woran merkt man, dass ein Mensch glücklich ist? Ist Glück oder Unglück immer gut?Sind Kinder glücklicher als Erwachsene? Warum? Wie können Kinder/Erwachsene glücklicher werden? Gibt es Dinge, die Glück bringen können? Welche? Hast du einen Glücksbringer?
Tiere Was sind Tiere? Gibt es Unterschiede zwischen Tieren und wenn ja, welche? Sind Menschen auch Tiere? Was unterscheidet Tiere von Menschen? Darf man Tiere essen oder nicht? Welche Tiere darf man essen? Darf man Tiere einsperren? Welche Tiere darf man einsperren? Warum sperren wir Tiere ein? Darf mein ein Haustier besitzen? Gehört ein Haustier zur Familie?

Vielen Dank an Luisa Gallinat für diesen Beitrag!

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